Tabakproduktegesetz ist Jugendschutz „Ultra-Light“
Das sei Jugendschutz „Ultra-Light“. Der Entwurf für das Tabakproduktegesetz trage der Prävention und dem Jugendschutz nur ungenügend oder gar keine Rechnung, schreibt die Sozialdemokratische Partei SP. Der bürgerlich dominierte Bundesrat sei vor der Tabaklobby eingeknickt, schreibt die SP und habe fast alle Massnahmen für mehr Jugendschutz gestrichen. Tabakwerbung bleibe fast flächendeckend erlaubt, obwohl Tabak nachweislich für rund 9.500 Todesfälle pro Jahr in der Schweiz verantwortlich sei und enorme Kosten verursache.
„Über die Hälfte der Raucherinnen und Raucher beginnt vor dem 18. Geburtstag mit dem Rauchen, wenn die Gesundheitsschäden besonders gravierend sind. Eine wirksame Prävention müsste darum beim Schutz der Minderjährigen ansetzen. Doch offensichtlich hat die Tabaklobby ganze Arbeit geleistet, denn im Entwurf des Bundesrats ist von Prävention und Jugendschutz kaum noch etwas zu finden“, kritisiert SP-Nationalrätin Marina Carobbio.
Tabakproduktegesetz 2.0: Jugendschutz «Ultra-Light»
Im überarbeiteten Entwurf zum Tabakproduktegesetz fehlten wirksame Massnahmen zur Tabakprävention, schreibt Sucht Schweiz in einer Medienmitteilung. Die Allianz für ein starkes Tabakproduktegesetz werde ihre Forderungen in die nun beginnende Vernehmlassung einbringen.
Tabak, der wichtigste Risikofaktor für chronische nicht übertragbare Krankheiten
„Im Entwurf verzichtet der Bundesrat leider fast komplett auf Werbeeinschränkungen, ein Sponsoringverbot fehlt sogar gänzlich“, so Sucht Schweiz. Dabei könne Werbung gerade für Jugendliche fatal sein: „Wenn Jugendliche bis zum 21. Lebensjahr nicht mit dem Rauchen anfangen, rauchen sie mit grosser Wahrscheinlichkeit ihr Leben lang nie.“ 57 Prozent der Rauchenden beginne als Minderjährige mit dem Tabakkonsum. Das führe unter anderem dazu, dass Tabak der wichtigste Risikofaktor für chronische nicht übertragbare Krankheiten sei: „In der Schweiz sterben jedes Jahr rund 9.500 Menschen an den Folgen des Rauchens. Davon ein Viertel vor Erreichen des Rentenalters“, schreibt die Stiftung.
Bevölkerungsmehrheit befürwortet ein allgemeines Werbeverbot
58 Prozent der Bevölkerung befürworte ein allgemeines Werbeverbot. Auch ein Verbot des Sponsorings von Kultur- und Sportveranstaltungen durch die Tabakindustrie treffe bei der Mehrheit auf Zustimmung. Dies zeige das aktuelle Suchtmonitoring Schweiz 2016.
Keine wirksamen Massnahmen zur Reduktion des Tabakkonsums
Der Entwurf des Bundesrats zum Tabakproduktegesetz enthalte keine wirksamen Massnahmen zur Reduktion des Tabakkonsums, schreibt Sucht Schweiz. Dies verhindere für Jahre einen Fortschritt in der Tabakprävention. „Der Gesetzesentwurf entspricht damit den Wünschen der Tabakindustrie.“
Die Allianz für ein starkes Tabakproduktegesetz werde sich weiterhin für ein umfassendes Werbe- und Sponsoringverbot einsetzen. Sie stellt folgende zentrale Forderungen:
- „Ein lückenloses Werbeverbot für Tabakprodukte, welches Printmedien, das Internet einschliesslich der sozialen Medien, Plakate, Kinos und die Verkaufsstellen umfasst.
- Keine Verkaufsförderung durch Gratisabgabe von Tabakwaren, etwa durch Hostessen in Clubs oder durch Rabattaktionen im Stil von 3 für 2.
- Kein Sponsoring öffentlicher sowie privater Anlässe durch Tabakfirmen. Die Tabakkonzerne verringern mehr und mehr die Werbung im öffentlichen Bereich, speziell auf Plakaten, und verstärken stattdessen die Werbeaktivitäten im privaten Bereich, insbesondere richten sie sich dabei an junge Leute.“
Der Bundesrat sehe zwar in seinem Entwurf ein paar wenige neue Massnahmen vor. Diese seien aber vollkommen ungenügend:
- „Das Abgabealter für Tabakprodukte wird einheitlich auf 18 Jahre festgelegt.
- In Medien, die einfach für Kinder zugänglich sind (Gratiszeitungen und frei zugängliche Internetseiten) wird Tabakwerbung verboten. In kostenpflichtigen Medien und für Internetbereiche mit Zugangsbarrieren, z. B. einer Registrierung, bleiben sie hingegen erlaubt.
- Am Kiosk dürfen Tabakwaren nicht mehr direkt neben Süssigkeiten im Regal stehen und müssen auf einer Höhe von mindestens 1,20 Meter platziert werden. Damit bleiben sie gleichwohl im Sichtfeld von Kindern.“
Laut Sucht Schweiz bleibe der Entwurf in mehreren Punkten hinter der EU-Gesetzgebung zurück:
- „Die Warnhinweise bleiben kleiner als in der EU.
- Die E-Zigaretten bleiben schwächer reguliert als in der EU.
- Snus ist in der EU verboten, ausgenommen Schweden.
- Das Sponsoring von internationalen Anlässen ist EU-weit verboten.“
Ratifizierung der Rahmenkonvention über die Tabakkontrolle der WHO in weiter Ferne
Ein Verbot von Tabakwerbung und Tabaksponsoring sieht auch die Rahmenkonvention über die Tabakkontrolle der Weltgesundheitsorganisation WHO vor (WHO FCTC, Artikel 13.4). Die Schweiz hat das Abkommen am 25. Juni 2004 unterzeichnet und damit ihren Willen bekundet, die Präventionsziele der WHO umzusetzen. Der hartnäckige Widerstand der Tabaklobby im National- und Ständerat gegen einfach umsetzbare und wirksame Massnahmen zeige Wirkung, so Sucht Schweiz: „Das Parlament ist an der Umsetzung des Abkommens nicht interessiert. Mit dem vorliegenden Entwurf ist die Ratifizierung von vornherein ausgeschlossen.“
(C) Bild: Tim Reckmann, pixelio.de
Nachrichtenagentur APD Schweiz, Postfach, CH-4020 Basel, Schweiz
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