Tabakindustrie beeinflusst Gesundheitspolitik
Die Einmischung der Tabakindustrie in die Gesundheitspolitik stoppen. Seit 2005 ist die internationale Tabakkonvention der Weltgesundheitsorganisation WHO in Kraft. Je mehr Länder die Übereinkunft ratifizieren, desto aggressiver versucht die Tabakindustrie, die Umsetzung der Konvention zu untergraben. Die Tabakkonzerne bekämpfen vor allem diejenigen Massnahmen der WHO-Tabakkonvention, die einen Rückgang der Verkäufe von Tabakwaren bewirken: ein Verbot von Werbung, Promotion und Sponsoring, gut sichtbare Warnhinweise auf den Packungen und ein hundertprozentiger Schutz vor Passivrauchen. Diese Einmischung der Tabakkonzerne in die Gesundheitspolitik hat die Weltgesundheitsorganisation zum Thema des Welttags ohne Tabak 2012 gemacht.
Australien. Als weltweit erstem Land müssen seit Juli 2012 in Australien alle Tabakwaren in werbe- und verkaufsneutralen Einheitspackungen verkauft werden. Das Ziel ist, der Tabakindustrie die Packung als Werbeträger zu entziehen. Auf einer neutralen Packung sind die Warnhinweise klar zu sehen. Aber die Packung von Tabakwaren wird für die Hersteller immer wichtiger für die Werbung, je mehr andere Formen von Werbung, Promotion und Sponsoring verboten werden. Deshalb klagten British American Tobacco Australia, Phillip Morris, Imperial Tobacco Australia und Japan Tobacco International im Dezember 2011 gegen das entsprechende Gesetz vor dem Höchsten Gericht Australiens. In ihrer Antwort auf die Klage legte die australische Regierung im Februar 2012 die legalen Grundlagen für das Gesetz dar. Zugleich wies sie darauf hin, dass nicht die Verfassungsmässigkeit der Massnahme, sondern die Einschränkung von Werbemöglichkeiten der tatsächliche Grund für die Klage der Tabakkonzerne sei.
Neuseeland. Am 19. April 2012 gab die neuseeländische Regierung ihre Pläne bekannt, ähnlich wie Australien für alle Tabakwaren Einheitspackungen vorzuschreiben. Zusammen mit den übrigen Massnahmen zur Tabakprävention seien Einheitspackungen ein entscheidender Schritt zum Ziel, Neuseeland bis 2025 rauchfrei zu machen, sagte die zuständige Ministerin Tariana Turia. Einen Tag darauf, am 20. April 2012, bezog die US-Handelskammer mit fünf weiteren Wirtschaftsorganisationen Stellung gegen die Pläne der Regierung Neuseelands und drohte, die Exporte neuseeländischer Waren wie Milchprodukte oder Wein in die USA zu erschweren. «Diese Stellungnahme von US-Wirtschaftsgruppen ist Teil von zunehmenden Bemühungen der Tabakindustrie und ihrer Verbündeten, Länder einzuschüchtern und sie daran zu hindern, strenge Massnahmen einzuführen, um den Tabakkonsum zu vermindern.» Dies erklärte Matthew L. Myers, Präsident der US-Nichtregierungsorganisation Campaign for Tobacco-Free Kids.
Wirtschaftsabkommen ohne Tabakwaren. Die Tabakkonzerne behaupten immer häufiger, die Massnahmen zur Tabakkontrolle würden Handels- und Investitionsschutzabkommen verletzen. Aber Tabakwaren sind anders als alle anderen legalen Waren wie etwa Milchprodukte oder Wein, denn sie machen stark süchtig und wirken als einzige bei normalem Gebrauch tödlich. Folglich sind Tabakwaren von Wirtschaftsabkommen auszuschliessen, unterstrich Myers. Der freie Handel soll zu tieferen Preisen und einem höheren Konsum von Waren führen. Im Gegensatz dazu besteht weltweit Einigkeit, dass Regierungen alle wirksamen Massnahmen ergreifen müssen zur Senkung des Konsums von Tabakwaren.
Unlösbarer Interessenkonflikt. Die Tabakkonzerne wollen möglichst viele ihrer Produkte vermarkten. Wirksame Massnahmen zur Tabakprävention hingegen senken den Tabakkonsum. Folglich widersprechen die Geschäftsabsichten der Tabakkonzerne jeder Förderung der öffentlichen Gesundheit. Bereits in der Präambel der WHO-Tabakkonvention rufen die Vertragsparteien dazu auf, «wachsam auf alle Versuche der Tabakindustrie zu achten, die Bemühungen zur Tabakkontrolle zu untergraben oder zunichtezumachen.»
Artikel 5.3 der Konvention verlangt, die gesundheitspolitischen Massnahmen zur Tabakprävention vor kommerziellen und anderen Interessen der Tabakindustrie zu schützen. Zu Artikel 5.3 verabschiedeten die Vertragsparteien im November 2008 die entsprechenden Richtlinien zur Umsetzung. Dabei haben die Vertragsparteien betont: «Zwischen den Interessen der Tabakindustrie und den Interessen der Gesundheitspolitik besteht ein grundsätzlicher und unüberbrückbarer Konflikt.»
WHO-Tabakkonvention. 175 Länder haben die internationale Tabakkonvention der Weltgesundheitsorganisation bisher ratifiziert. Die Schweiz hat die Konvention erst unterzeichnet. Mit der Unterschrift hat der Bundesrat jedoch seinen Willen bekräftigt, die WHO-Tabakkonvention auch in der Schweiz umzusetzen.
Das strategische Ziel 4 des Nationalen Programms Tabak lautet: Die Schweiz ratifiziert die WHOTabakkonvention. Dazu muss die Schweiz in erster Linie ein umfassendes Verbot aller Formen von Werbung, Verkaufsförderung und Sponsoring für Tabakwaren erlassen. Auskunft: Thomas Beutler, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Arbeitsgemeinschaft Tabakprävention, Haslerstrasse 30, 3008 Bern
Tel. 031 599 10 20, Fax 031 599 10 35
info@at-schweiz.ch, www.at-schweiz.ch
Bild: Markus Hahn / pixelio.de
Thomas Beutler, Arbeitsgemeinschaft Tabakprävention Schweiz
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