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Vielseitig. Positiv. Aktiv.

Wahrscheinlich haben Sie sich noch keine Gedanken über das Miteinander von Gegensätzen gemacht. Warum auch?

Wenn man an Gegensätze denkt, ist das meistens mit einem unsicheren Gefühl verbunden, das uns positionieren will und auf Abwehrhaltung gehen lässt. Dabei ist es erstaunlich, dass wir ganz selbstverständlich in einer Welt von Gegensätzen leben, ohne sie negativ einzuordnen. Es gibt Gegensätze, die für uns völlig normal und akzeptabel sind, die unser Leben bereichern, es bunt und schön machen. Denken Sie einfach an Sommer-Winter, Tag-Nacht, Wasser-Erde, Bewegung-Ruhe, Schwarz-Weiß, Groß-Klein, Laut-Leise, Schnell-Langsam, Lachen-Weinen, Suchen-Finden, Hart-Weich, Rechts-Links, Wachen-Schlafen. Beim näheren Betrachten dieser Wort­paare wird deutlich, dass man nicht einfach in Gut und Schlecht trennen kann. Sie zeigen, dass das Wort «Gegensatz» eigentlich als «Gegenüber», also als Partner zu verstehen ist. Jeder Partner für sich ist wichtig und hat seine Daseinsberechtigung, doch erst im Miteinander, im Team, wird es genial. Aus diesem Blickwinkel heraus ist es interessant, das Miteinander der Gegensätze etwas näher zu beleuchten.

Die Muskel-Teams in
unserem Körper

Auch unser Körper funktioniert rund und harmonisch, weil viele Teams miteinander wirken.

Ein solches Team ist unsere Muskulatur. Sie unterteilt sich in zwei Gruppen mit unterschiedlichen Funktionen, in die unwillkürliche und willkürliche Muskulatur.

Die unwillkürliche Muskulatur erhält ihre Impulse vom vegetativen Nervensystem, d.h., sie ist nicht von unserem Willen beeinflussbar und umfasst alle automatisch ablaufenden Bewegungen wie Verdauung, Atmung, Stoffwechsel, Kontraktion der Blutgefäße, Durchblutung der Haut und vieles mehr. Sie übernimmt alle lebenswichtigen Abläufe im Körper, die nicht unterbrochen werden dürfen. Das ist gut so, denn müssten wir ständig an diese Vorgänge bewusst denken, wären wir hoffnungslos überfordert. Das Chaos wäre vorprogrammiert.

Die willkürliche Muskulatur dagegen kann man mit dem Willen beeinflussen und steuern, d.h., sie ist trainierbar. Sie wird auch als Skelettmuskulatur bezeichnet, weil sie am Skelett fixiert ist und in ihrer Gesamtheit die Muskelmasse des Körpers bildet. Sie ist für die Bewegung, d.h. für die Körperstatik und -motorik zuständig.

Ganz einfach ausgedrückt übernehmen die unwillkürlichen Muskeln den Bereich der automatischen Abläufe, die willkürlichen den Bereich des Trainings. Ein tolles Miteinander, finden Sie nicht auch?

Willkürliche Muskeln benötigen Training, um ihre Stärke, Kraft und Beweglichkeit zu behalten. Deswegen ist es gut zu wissen, wie sie arbeiten. Jeder einzelne Muskel kann sich aktiv anspannen, d.h. verkürzen. Das ist seine Arbeit. Allerdings kann er nicht selbst aktiv entspannen, d.h. sich wieder verlängern. Wenn also ein Muskel arbeitet, sich anspannt, könnte dies – genau genommen – nur ein einziges Mal stattfinden, wenn da nicht sein Partner wäre, der ihn in die Länge zieht und so in die Entspannung bringt.

Lassen Sie mich das an einem Beispiel erklären. Der wohl allen bekannte Bizeps ist unter anderem für die Beugung des Ellenbogens zuständig. Er liegt an der Vorderseite des Oberarmes, hat seinen Ursprung am Schulterblatt und setzt unterhalb der Ellenbeuge an der Speiche an. Wäre er allein und hätte keinen Partner, könnte diese Beugung nur ein einziges Mal stattfinden – und das wär’s. Nun gibt es aber den Trizeps, der an der Rückseite des Oberarmes liegt und für die Streckung des Armes verantwortlich ist. Hat der Bizeps die Beugung im Ellenbogen erreicht, ist das für den Trizeps das Signal, sich seinerseits anzuspannen und den Arm wieder zu strecken. Die Beugung des Ellenbogens findet statt, weil jeder der beiden Muskeln zur richtigen Zeit dem anderen seinen Freiraum gibt. Es ist eine ständige Abfolge von Geben und Nehmen in Bruchteilen von Sekunden. Weil beide Muskeln harmonisch «gegeneinander» arbeiten, wird daraus ein Zusammenspiel, und die für uns so wertvolle Bewegung gelingt. Der Schwerpunkt bei diesem Zusammenspiel liegt auf «harmonisch».

«Waschbrettbauch» und krummer Rücken

Einer meiner Söhne hatte als Jugendlicher den brennenden Wunsch, ein tolles Sixpack zu haben. Das heißt, die Bauchmuskulatur ist so gut trainiert, dass die Muskelkonturen zu sehen sind und der «Waschbrettbauch» entsteht. Er trainierte jeden Tag ausdauernd, und nach einer Weile zeigte sich der Erfolg. Allerdings hatte die Sache einen Haken. Da er mit großer Energie seine Bauchmuskeln trainiert hatte, aber ihre «Gegenspieler», die Rückenmuskeln, nicht, war das Ergebnis nicht nur das gewünschte Sixpack, sondern ein unerwünschter krummer Rücken. Er war sozusagen in eine Schieflage geraten. Also musste er erst eine Weile Rückenmuskelaufbau betreiben, um wieder geradegerückt zu werden.

Schieflagen

Vielleicht schmunzeln Sie darüber, aber gibt es im Leben nicht viele solcher Situationen, in denen man in Schieflage geraten kann? Sehr oft sind es Ereignisse oder Dinge, die an sich sehr gut sind – wie der Beruf, die Familie, Freunde, Geld, Hob­by und noch vieles mehr....


© 2018 istockphoto.com, zeljkosantrac, swissmediavision

 

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BETTINA WERNER, Physiotherapeutin und Mitarbeitern beim Deutschen Verein für Gesundheitspflege (DVG) Stuttgart, D

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